Ich, im Stuhlkreis in die Stille hinein

Ich meins erst,

aber nicht zuletzt

weil ichs zu ernst meine,

weil ich die Ernste bin,

die spricht,

die so unhöflich die Stille unterbricht

und dafür entschuldige ich mich nicht.

Aber manchmal (meistens)

wenn ich meinen Arm hebe,

5 krumme Finger für die Runde

und ich spüre, wie sie beben,

5 Sekunden noch bis ich rede

bis ich meine zaghaften Gebete in die Stuhlkreismitte gebe,

dann stell ich mir die Frage,

ob meine Frage wirklich würdig einer Antwort ist.

Ob was ich sage nicht der Stille,

dann nämlich richtig angepisst,

den Weg straight raus zur Tür zeigt

und ob man hier vielleicht lieber schweigt

und die Stille vermisst.

Deshalb muss ich es so erst meinen,

wie ich’s meine,

voller unerhörter Hoffnung,

dass meine Worte nur ein bisschen mehr wert sind

als keine.

Auf dass du deine dann an meinen misst

und checkst, dass du auch leise bist

obwohl du eigentlich so viel zu sagen hättest.

Also will ich nicht länger zögern:

meine Finger gleiten nach oben

mein Herz fängt ganz leise an ganz laut zu toben

ich warte darauf, dass mich jemand erkennt, aber…

alle Blicke bleiben stumm,

ich komm nicht mehr drum herum.

Mit zitternden Händen ergreife ich das Wort,

was, zu ernst, droht mir zu entkommen

aber ich lass nicht los, okay?

Ich ergreife das Wort, ich halte es

und sobald ich es halte spaltet sich meine Zunge in zwei

meine Zähne zittern

jede Silbe saugt meinen Speichel in sich ein,

das Wort windet sich, sucht sich den Weg aus meinen Händen,

versucht sich Richtung Mund zu kämpfen,

es will wieder in mich rein

und ich kann es nicht viel länger halten,

doch noch halte ich es, okay?

Meine leise Geisel, an der ich dann

den Mord begehe.

Stille betritt wieder den Raum.

Auf Zehenspitzen und mit dem Kopf gesenkt

tritt sie in die Stuhlkreismitte,

sieht sich behutsam den Leichnam auf dem Boden an

und macht dann die Runde.

Neben jedem Stuhl verweilt sie ne Sekunde

und flüstert allen ins Ohr.

Dann setzt sie sich selbstgefällig auf das ermordete Wort.

Man sieht ihr dabei zu,

man schweigt.

Ihr Flüstern bleibt genauso unkommentiert wie mein Schreien.

Sie lächelt und nickt,

erwidert meinen flehenden Blick mit ihrem,

der schwört,

dass sie nichts am Schweigen stört.

Sie ist selbst still zu allem fähig.

Sie ist selbst Gespräch.

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The dying panther seeks solace with kin as it takes its final breath

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